Wesen, Charakter und Eigenschaften des Dobermanns

Aktualisiert am: 22.05.2023

Der Dobermann polarisiert. Die einen sehen ihn als gefährlich erscheinenden Wachhund, für andere ist er ein wunderschöner, sportlicher Familienhund. Hier erfahren Dobermann-Besitzer und Menschen, die sich für die Haltung eines Dobermanns interessieren, mehr über das Wesen und Verhalten des Dobermanns. Dabei spielen nicht nur die Rasse an sich, sondern auch verschiedene Zuchtlinien und charakterliche Unterschiede eine Rolle, da die typischen Rasseeigenschaften innerhalb der Rasse Dobermann sehr variabel sein können.

Der Rassestandard des Dobermanns

Ein Rassestandard gibt an, wie eine Hunderasse aussehen soll: Das beinhaltet nicht nur das optische Aussehen, sondern auch das rassetypische Wesen und Verhalten. Der Dobermann ist als Rasse bereits seit 1955 durch den FCI (Fédération Cynologique Internationale) international anerkannt. In Deutschland sind der VDH (Deutscher Verband für das Hundewesen) als Dachverband und der ihm angeschlossene Zuchtverein, der Dobermann Verein e.V., für die Erhaltung der Rasse Dobermann verantwortlich. Dort wird das Wesen des Dobermanns im Rassestandard folgendermaßen angegeben1,2:

“Die Grundstimmung des Dobermanns ist freundlich friedlich, in der Familie sehr anhänglich. Gefordert werden ein mittleres Temperament und eine mittlere Schärfe. Weiterhin wird eine mittlere Reizschwelle gefordert. Bei einer guten Führigkeit und Arbeitsfreude des Dobermanns ist auf Leistungsfähigkeit, Mut und Härte zu achten. Bei angepasster Aufmerksamkeit gegenüber der Umwelt ist auf Selbstsicherheit und Unerschrockenheit besonders Wert zu legen.”

Das zeigt schon, dass der Dobermann zwei Seiten hat. In ihm steckt der freundliche, anhängliche Familienhund genauso wie der mutige, selbstsichere Wach- und Schutzhund. Warum das so ist und was Dobermann-Besitzer konkret im Alltag erwarten kann, wird weiter unten noch genauer ausgeführt.

Zuchtverbände und Zuchtlinien beim Dobermann

Wie oben bereits erwähnt, untersteht die Hundezucht in Deutschland dem VDH als Dachverband. Der einzige, durch den VDH anerkannt Zuchtbuch-führende Verein für den Dobermann ist der Dobermann Verein e.V., dessen Geschichte bis ins Jahr 1899 zurückreicht. Mehr dazu lässt sich bei der Geschichte des Dobermanns nachlesen.

Neben dem Dobermann Verein gibt es außerdem noch einen freiwilligen, internationalen Zusammenschluss von Dobermann-Zuchtvereinen in aller Welt, den IDC (Internationaler Dobermann Club)3. Der Deutsche Dobermann Verein, der die Gründung des IDC initiierte, gehört genauso wie über 30 nationale Zuchtvereine in anderen Ländern zu den Mitgliedern.4

Zuchtlinien und Veränderung der Rasse Dobermann in jüngster Zeit

Wie bei jeder Rasse unterscheiden sich die Hunde verschiedener Zuchtlinien voneinander. Dabei kommt es vor allem auf die Zuchtziele des einzelnen Züchters an. Wer einen Dobermann-Welpen kaufen möchte, sollte sich deshalb vorab mit den verschiedenen Eigenschaften und dem Wesen der Elterntiere auseinandersetzen. Es gibt Züchter, die Diensthunde, sportliche Hunde oder eher Familienhunde züchten.

Hier gab es im letzten Jahrzehnt zunehmend Änderungen. Seit dem Kupierverbot (mehr dazu bei der Geschichte des Dobermanns) gewann der Dobermann mit dem weicheren, weniger gefährlichen Äußeren neue Fans dazu. Immer mehr Menschen konnten sich seitdem vorstellen, den Dobermann auch als reinen Familienhund zu halten. Es gibt hier aber auch viele skeptische Stimmen. Wenn der Dobermann nicht mehr gezielt auf seine Arbeitseigenschaften hin gezüchtet wird, verliert er bisweilen auch seine Wesensfestigkeit und das Selbstbewusstsein, das er als Diensthund oder im Schutzhundesport (VPG) benötigt. Dadurch gibt es eher auch sensible oder sogar hibbelige oder nervöse Dobermänner, was eigentlich nicht dem Rassestandard entspricht. Es lohnt sich deshalb immer, sich den Züchter und seine Tiere genau anzuschauen, damit man genau den Dobermann bekommt, der optimal in das eigene Leben passt.

Der Dobermann als Gebrauchshund

Der Dobermann ist ein extrem vielseitiger Hund. Geht man Erziehung und Training richtig an, kann er sein Wesen voll entfalten. Dann ist er in der Familie treu und friedlich, im Sport mit Begeisterung dabei, und kann als Diensthund genauso zum Einsatz kommen wie als Therapiehund. Dabei sollte man jedoch nie vergessen, dass der Dobermann ein Gebrauchshund ist und entsprechende Eigenschaften mitbringt.

Gebrauchshund mit entsprechenden Eigenschaften

Der Dobermann zählt zu den Gebrauchshunden. Im engeren Sinne versteht man darunter Hunde, die als Diensthunde und Schutzhunde eingesetzt werden. Dazu zählen offiziell nur neun verschiedene Rassen: Neben dem Dobermann sind das noch Deutscher Schäferhund, Malinois, Rottweiler, Boxer, Airdaleterrier, Riesenschnauzer, Bouvier und Hovawart. Definiert werden diese als Rassen als Gebrauchshund dadurch, dass sie eine Vielseitigkeitsprüfung (VPG bzw. IPO) ablegen müssen, um zur Zucht zugelassen zu werden. Mehr über VPG / IPO können interessierte Dobermann-Besitzer im Artikel über die ideale Beschäftigung für den Dobermann nachlesen.

Der Dobermann zählt nicht nur zu den Gebrauchshunden, weil er genau für diesen Zweck (als Wach- und Schutzhund) ursprünglich gezüchtet würde, sondern auch, weil er bis heute die nötigen Eigenschaften wie Intelligenz, Robustheit, Aufmerksamkeit, Härte und ein aktives Temperament mitbringt. Das gehört unabdinglich zur Rasse dazu. Auch wenn der Dobermann als Familienhund gehalten werden soll, sollte zukünftigen Besitzer klar sein, dass ein Dobermann – egal aus welcher Zuchtlinie er kommt – ein waschechter Gebrauchshund bleibt und so auch behandelt werden sollte.

Bei fremden Menschen oft eher skeptisch

Der Dobermann ist als ursprünglicher Schutzhund und Wachhund Fremden gegenüber von Natur aus eher misstrauisch. Deshalb sollte man von Anfang an dafür sorgen, dass der Dobermann weiß, wie er sich in Anwesenheit von Besuchern und fremden Menschen zu verhalten hat. Mehr dazu bei den Tipps zu Training und Erziehung beim Dobermann. Unerfahrene Halter sind oft überrascht davon, wenn der vorher so freundliche Jungspund erst nach und nach dieses Misstrauen zeigt. Das ist jedoch völlig normal für den Dobermann. Er gehört eher zu den Spätentwicklern. Viele der rassetypischen Eigenschaften zeigt er erst, wenn er erwachsen wird. Es ist jedoch wichtig, schon früh die richtige Basis zu legen, damit es später nicht zu Problemverhalten kommt.

Verträglichkeit mit anderen Hunden

Mit anderen Hunden ist der Dobermann in der Regel verträglich. Allerdings ist so mancher Dobermann wenig begeistert von Tut-Nix-Hunden, die “nur spielen” wollen und aufdringlich auf ihn zukommen. Ist der Dobermann erwachsen, spielt er oft nur noch mit gut bekannten Hunden. Die Unverträglichkeit, die ihm oft unterstellt wird, können viele Dobermann-Halter aber nicht bestätigen. Diese Einschätzung stammt möglicherweise noch aus der Zeit, als fast alle Dobermänner kupiert waren. Durch den fehlenden Schwanz und die eingeschränkte Beweglichkeit der kupierten Ohren, ist auch die Kommunikationsfähigkeit des Hundes verändert. Das mag öfter zu Missverständnissen mit anderen Hunden geführt haben. Ein Typ für fröhliches Spiel auf Hundewiesen ist der Dobermann jedoch in der Regel auch heute nicht (genauso wie die meisten anderen Gebrauchshunde).

Der Dobermann: Ein echter Allrounder mit vielfältigen Eigenschaften

Kaum ein Hund vereint so viele Seiten in sich wie der Dobermann. Er ist loyal, schnell, klug und immer dabei, wenn man etwas mit ihm unternehmen will. Auf der anderen Seite mag er Kuscheln und engen Körperkontakt für sein Leben gern. Er ist aber auch ein ernsthafter Hund, der Kommandos hinterfragt und kein stupider Befehlsempfänger sein will. Der Besitzer eines Dobermanns sollte deshalb nicht nur bereit sein, sich auf diese Vielfalt voll und ganz einzulassen, sondern sollte genau das an seinem Hund von Herzen lieben.

Arbeitswillig, schnell und intelligent

Ein Hund, der arbeitswillig und intelligent ist, ist immer Fluch und Segen zugleich. Der Dobermann lernt schnell, aber auch schnell etwas Falsches, wenn man im Training ungenau oder inkonsequent ist. Zudem ist der Dobermann zwar in der Lage, Kommandos zügig zu erlernen, ist jedoch auch intelligent genug, diese immer wieder zu überprüfen und in Frage zu stellen. Das ist zum einen eine Herausforderung, zum anderen aber auch eine wunderbare Aufgabe.

Schnell ist der Dobermann aber nicht nur beim Lernen, sondern auch beim Rennen. Sieht man den eleganten Hund mit dem breiten Brustkorb und der sportlichen Figur beim Hundesport oder im Freilauf Gas geben, kann er sein Windhund-Erbe (in der Rasseentstehung wurden auch Greyhounds eingekreuzt) nicht verleugnen. Bei diesem Anblick geht jedem Dobi-Fan das Herz auf.

Ernsthaft und fröhlich zugleich

Die Geschichte des Dobermanns und seine Verwendung als Diensthund zeigen, dass der Dobermann selbstverständlich mit großem Ernst bei der Sache sein kann, wenn es um seinen “Job” geht. Das steckt in jedem Dobermann, wenn auch in manchen mehr und manchen weniger, je nach Zuchtlinie und individuellem Charakter. Generell ist der Dobermann aber ein eher ernsthafter Hund, der nicht – wie manche andere Rasse – bis ins hohe Alter stets nur fröhlich, lieb und verspielt durchs Leben geht.

Auf der anderen Seite strotzt ein Dobermann vor Aktivität und Lebensfreude. Gerade bei spaßigen Beschäftigungen oder beim Spiel oder Herumbalgen mit seiner Familie kann der Dobermann auch albern, fröhlich und ein verspielter Clown sein. Hier zeigt sich also wieder, dass der Dobermann ein Hund der Gegensätze ist. Oder anders betrachtet: Ein echter Allrounder, mit dem man fast alle Aspekte der Hundehaltung ausleben kann.

Hat der Dobermann Jagdtrieb?

Hunde gänzlich ohne Jagdtrieb gibt es so gut wie gar nicht. Der Dobermann gehört aber nicht zu den Rassen, die in ihrer Geschichte speziell auf ihr Jagdverhalten selektiert wurden. Mit der Rasse Dobermann entstand ein Hund, dessen Jagdtrieb sich in aller Regel sehr gut handhaben lässt. Allerdings sollte man beachten, dass der Dobermann zu den aktiven, “triebigen” Hunden gehört. Dementsprechend reagiert er stark auf Außenreize und hat durchaus Interesse an Beute. Es liegt hier also viel am Besitzer und ob er – vor allem im ersten Lebensjahr des jungen Dobermanns – den Jagdtrieb fördert oder nicht. Vergessen sollte man auch nicht, dass bei der Entstehung der Rasse Dobermann auch Windhunde beteiligt waren. Auch wenn das sehr lange zurückliegt, lässt sich ein gewisses Erbe manchmal noch feststellen und es gibt immer wieder Dobermänner, die auf Sicht jagen und gerne Wild hetzen (wenn man sie lässt).

Legt man Wert darauf, einen Dobermann mit möglichst wenig Jagdtrieb zu haben, sollte man sich vor dem Welpenkauf die Elterntiere anschauen und mit dem Züchter darüber sprechen, wie jagdlich interessiert seine Hunde sind. Wie man bei einem vorhandenen Jagdtrieb richtig reagiert und welches Training dann ideal ist, kann bei den Tipps zur Erziehung des Dobermanns nachgelesen werden.

Ist der Dobermann ein geeigneter Familienhund?

Der Dobermann ist ein Hund, der drinnen und bei der Familie oft gänzlich anders ist, als draußen. Er ist, bei entsprechender Sozialisierung, freundlich zu “seinen” Kindern und zu jedem albernen Spiel bereit. Mit seinen Besitzern kuschelt er gerne und ist innerhalb der Familie generell friedlich und freundlich (so gibt es sogar der Rassestandard an, siehe oben).

Allerdings ist der Dobermann ein Hund mit einer niedrigen Reizschwelle. Das bedeutet, dass er sehr schnell und instinktiv auf Reize reagieren kann. Ein solcher Reiz kann unter anderem dadurch entstehen, dass ein Kind den Hund anrempelt, kreischend rennt oder dass ein Spielzeug geworfen wird. In dem Fall ist nicht auszuschließen, dass der Dobermann reflexartig reagiert und das Kind gezwickt oder umgeworfen wird. Darum sollte ein Dobermann nie mit Kindern, vor allem nicht mit Kleinkindern, allein gelassen werden. Auch ein zu wildes, aktives oder grobes Spiel mit dem Hund sollte unterbunden werden, um den Dobermann nicht hochzupushen. Zudem kann der Dobermann auf fremde Besucher (inklusive Besucherkinder) ganz anders reagieren, als innerhalb der eigenen Familie. Damit sollte man rechnen und entsprechend vorsorgen.

Ansonsten integriert sich ein Dobermann oft flexibel in jede Art von Familie. Vom Kumpel der Kinder über den Reitbegleithund bis hin zum ruhigen Begleiter ins Restaurant kann ein Dobermann fast alles sein – das richtige Training und einen ruhigen, konsequenten Umgang mit dem Hund vorausgesetzt. Eins muss jedoch klar sein: Ein Dobermann ist und bleibt ein Gebrauchshund. Er wird niemals das Wesen eines Golden Retrievers haben. Es ist stets eine vorausschauende Führung nötig. Wer sich für den Dobermann nur aufgrund der zweifelsohne wunderschönen Optik interessiert, der sollte seine Rassewahl eventuell überdenken. Mehr dazu unter “Für wen eignet sich ein Dobermann?”.

Quellen

  1. Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH): Rassebeschreibung Dobermann (Link zur Webseite)
  2. Dobermann Verein e.V.: Der Dobermann (Link zur Webseite)
  3. Internationaler Dobermann Club IDC (Link zur Webseite)
  4. Unser Rassehund. Ausgabe 2/2019, Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH). (Link zum PDF)

Bildquellen

Illustrationen: Stefan Große Halbuer

Black dobermans sitting on the grass © Freepik/mako_studio

Black doberman running © Depositphotos.com/fotokostic

Joyful lying dog on white carpet. © Depositphotos.com/Dmyrto_Z