Border Collie: Training und Erziehung

Aktualisiert am: 22.05.2023

Der Border Collie ist intelligent, sensibel und reaktionsschnell. Eine Mischung, die viel Feingefühl und Konsequenz in der Erziehung erfordert. Findet man jedoch den passenden Mittelweg zwischen Ruhe und Herausforderung für den Hund, ist der Border Collie ein extrem schneller Lerner, der gerne mit seinem Menschen zusammenarbeitet. Die folgenden Tipps geben Beispiele, wie sich die Erziehung und das Training beim Border Collie gestalten lässt. Zusätzlich finden Hundehalter im Artikel über Lernverhalten, Training und Erziehung von Hunden viele weitere, grundlegende Informationen.

Intelligenz und Sensibilität – Fluch oder Segen?

Zwei der wichtigsten Eigenschaften, die zu Hütehunden gehören, sind Intelligenz und Sensibilität. Als “Hütehund durch und durch”, wie schon der Rassestandard1 des VDH angibt, sind beim Border Collie beide Eigenschaften besonders ausgeprägt vorhanden. Das kann die Erziehung einfach machen. Aber auch zu Problemen führen.

Intelligente Hunde erziehen

Unter Wesen, Charakter und Eigenschaften des Border Collies wurden bereits einige Fragen geklärt. Unter anderem, warum der Border Collie als intelligenteste aller Hunderassen gilt. Und auch, welche Folgen eine hohe Intelligenz beim Hund für das Zusammenleben haben kann.

In der Erziehung und im Training stellt ein intelligenter Border Collie besondere Ansprüche. Erfüllt man diese, erreicht man viel leichter, dass Hunde und Halter Spaß am gemeinsamen Training haben und keiner von beiden letztendlich gefrustet ist.

Tipps für das Lernen und die Erziehung beim Border Collie

  • Ungenauigkeiten vermeiden: Dazu gehören klare Signale, die immer gleich sind.
  • Sichtzeichen und Hörzeichen nutzen: Hütehund haben immer alles im Blick, ganz besonders ihren Menschen. Darum reagieren Border Collies besonders stark auf Sichtzeichen. Es kann das Training deutlich vereinfachen, wenn man Hörzeichen und zusätzlich Sichtzeichen nutzt. Beides sollte klar und eindeutig aufgebaut werden (Anfängern kann hier unter Umständen ein Trainer helfen).
  • Strikte Konsequenz: Absolute Konsequenz klingt zunächst vielleicht nach Strenge und harter Hand. Das Gegenteil ist aber der Fall. Konsequenz bedeutet, dem Hund von Anfang an fair, ruhig und mit viel Geduld die Regeln beizubringen. Sind diese konsequent immer gleich, lernt der Border Collie sehr schnell, sie umzusetzen.
  • Dauerhaft konsequent bleiben: Es gibt Rassen, die brauchen anfangs viele Wiederholungen zum Lernen. Was jedoch einmal sitzt, das ist dann so tief verankert, dass einige Ausnahmen später völlig ok sind. Ein Border Collie jedoch lernt schnell, immer und überall. Ausnahmen von Regeln sind für intelligente Hunde äußerst schwer zu verstehen, da sie sich diese Ausnahme sofort merken (oft reicht ein einziges Mal) und dann nur noch schwer unterscheiden können, welche Regel beim nächsten Mal gilt.
  • Für passende Beschäftigung sorgen: Ein intelligenter Hund möchte auch entsprechend herausfordernd beschäftigt werden. Was sich dafür eignet, lässt sich unter Beschäftigung und Auslastung für den Border Collie lesen.

Sensible Hunde erziehen

Ein sensibler Hund, so denkt sich manch ein Hundeanfänger, klingt doch traumhaft. Sensibilität hört sich nach Sanftheit, Einfühlungsvermögen, dem feinen Erspüren von Stimmungen und Wünschen des Besitzers und einer schnellen Auffassungsgabe an. Allerdings sieht Sensibilität im Alltag oft ganz anders aus.

  • Sensibel heißt nicht sanft: Sanftheit beim Border Collie? – Das würde wohl kaum ein Border-Collie-Halter unterschreiben. Der Border Collie hat ein starkes Durchsetzungsvermögen. Immerhin musste er auch widerspenstige Schafe zuverlässig treiben können, auch wenn diese sich widersetzten.
  • Empfänglich für Stimmungen seiner Besitzer: Der Border Collie reagiert tatsächlich oft stark auf Stimmung und Ausstrahlung. Das kann sich aber auch darin äußern, dass der Border Collie auf wechselnde Stimmungen oder schlechte Laune mit Verunsicherung reagiert. Grobe Maßregelungen und Lautwerden sollte man meiden. Sie führen bei Border Collies eher zu verunsichertem Meideverhalten, als zu einem Lerneffekt.
  • Sensibel heißt auch reizoffen und empfänglich: Beim Border Collie beinhaltet die Sensibilität, dass der Hund jeden kleinen Reiz aus der Umwelt aufnimmt, verarbeitet und gegebenenfalls darauf reagiert. Selbst Geräusche nehmen Border Collies stärker wahr, als Nicht-Hütehund-Rassen. Das beruht vermutlich darauf, dass die Hütehunde zur Zeit der Rasseentstehung auch bei schlechten Sichtverhältnissen über große Distanzen durch Pfiffe und Rufe des Schäfers lenkbar sein mussten.2 Darum sollten vor allem junge Border Collies nicht überfordert werden und lernen, Ruhe zu halten.

Das 1. Lebensjahr: Priorität “Ruhe lernen”

Border Collies lernen so schnell, dass einige Welpen nach zwei Wochen beim Besitzer schon Sitz, Platz, Pfötchen geben und weitere Tricks können. Dabei sollte man aber unbedingt im Auge behalten, dass ein Border Collie zwar alles mitmacht, aber nicht wirklich zeigt, wann es ihm eigentlich zu viel ist. Schlimmstenfalls legt man mit zu frühem, intensivem Training die Basis für einen unruhigen, nervösen Hund.

Mit folgenden Tipps erzieht man einen Border-Collie-Welpen zu einem gelassenen, arbeitsfreudigen jungen Hund:

  • Weniger ist mehr: Ein Border Collie ist in den ersten Wochen völlig damit ausgelastet, die neue Wohnsituation, seine neuen Mitbewohner, die neuen Hausregeln, Geschirr und Leine kennenzulernen. Mehr muss zunächst gar nicht sein.
  • Kleine Portionen: Spaziergänge, Erkundungstouren, neue Umgebung – das alles stresst einen Border Collie schneller als manch andere, nicht so reizoffene Rasse. Am besten achtet man hier auf sein Bauchgefühl und legt bei Bedarf lieber öfter einen Ruhetag oder eine Pause ein.
  • Gezielte Ruheübungen: Dazu gehören Übungen zur Frustrationstoleranz. Beispielsweise, dass der junge Hund Dinge nur bekommt, wenn er kurz ruhig wartet. Nicht, wenn er drängelt, schnappt, jault oder hochspringt. Weiterhin sind Übungen zur Impulskontrolle Beispielsweise gehört dazu, bewegte Objekte, Menschen und Tiere ruhig beobachten zu können. Auch Übungen zum Allein-Bleiben (zunächst vielleicht nur allein in einem Zimmer) gehören dazu, genauso wie “Bleib”-Übungen, die man immer länger ausdehnen kann. Ist der Welpe etwas älter geworden, kann man auch langsam mit einem Deckentraining anfangen. Das bedeutet, dass sich der Hund gezielt auf einen Platz schicken lässt.

Aber auch nicht über das Ziel hinausschießen

Immer wieder gibt es Halter, die ganz strikt versuchen, den Border Collie zur Ruhe zu bringen. Allerdings ist damit nicht gedacht, dass der Hund mehrere Stunden pro Tag in einer Box verbringt, nur wenige Minuten pro Tag spazieren geht, gar keine Übungen gemacht werden oder der kleine Hund nie richtig aufdrehen darf. Hier gilt es, das richtige Maß zu finden. Welpen müssen und dürfen wild sein, toben und spielen. Dadurch trainieren sie ihr Sozialverhalten, ihren Bewegungsapparat und lernen sich selbst kennen.

Auslastung für einen glücklichen Welpen:

  • Leinenspaziergänge bedeuten Stress und Konzentration. Besser: Ins Grüne fahren (oder den Hund dorthin tragen) und dann einfach gemeinsam auf einer Wiese sitzen, wo der Welpe in seinem eigenen Tempo frei toben und erkunden kann.
  • Es darf auch ruhig einmal ein anstrengender Tag eingelegt werden, beispielsweise mit Besuch, einem Ausflug oder viel neuem Input. Dann schafft ein Ruhetag einen guten Ausgleich, damit der Welpe die neuen Eindrücke erst einmal verarbeiten kann, was beim Border Collie besonders wichtig ist.
  • Hundekontakte sind wichtig für die Entwicklung. Ideal sind Kontakte zu gleichaltrigen Welpen, mit denen der junge Border Collie toben kann. Zusätzlich sollten aber auch Spaziergänge oder gegenseitige Besuche mit souveränen, älteren Hunden stattfinden. Denn nur von ihnen kann der junge Hund lernen, wie man sich einem erwachsenen Hund gegenüber benimmt.
  • Übungen und Spiele sind im richtigen Maß natürlich absolut in Ordnung. Allerdings sollten sie welpengerecht stattfinden. Kurze Dauer, nicht zu herausfordernd und vorerst immer spielerisch. Der Border Collie soll dabei noch nicht unbedingt viel lernen. Aber er soll das Lernen lernen. Er versteht dabei, dass sich Zusammenarbeit mit Menschen lohnt und baut eine Bindung auf. Zudem lernt er, gemeinsam mit seinem Menschen Probleme zu lösen, Herausforderungen zu meistern und Spaß zu haben.
  • Hausregeln sofort umsetzen. Sollen Sofa oder bestimmte Zimmer im Haus tabu sein, dann kann das auch ein kleiner Welpe schon verstehen. Gerade bei so schnell lernenden Hunden wie dem Border Collie ist es hilfreich, Regeln und Strukturen von Anfang an sanft aber bestimmt umzusetzen.

Training mit dem erwachsenen Border Collie

Hat ein Border Collie als Welpe und Junghund bereits die Basics (ruhiges Verhalten, Lust auf die Zusammenarbeit mit Menschen, Frustrationstoleranz und Impulskontrolle) gelernt, können die intensivere Erziehung und das Training anfangen. Wer einen Second-Hand-Border besitzt, der muss sich unter Umständen erst – vergleichbar mit den Übungen bei einem Welpen – mit diesen Basics auseinandersetzen. Denn das Fehlen genau dieser Basics gehört leider oft zu den Abgabegründen bei Border Collies.

Training gegen “Hüten”, Jagen und Hinterherhetzen

Border Collies neigen dazu, stark auf Bewegungen zu reagieren. Warum sie das tun lässt sich unter Wesen, Charakter und Eigenschaften des Border Collies nachlesen. Ansätze zu solchem Verhalten sollten deshalb als Hüteverhalten erkannt und unterbunden werden. Denn diese Verhaltensweisen leiten sich aus dem Jagdverhalten ab.3 Deshalb sind sie Menschen oder anderen Hunden (oder Tieren, Joggern, Radfahrern und Autos) gegenüber alles andere als nett und respektvoll, zum Teil sogar ausgesprochen gefährlich.

Typische Verhaltensweisen, die ohne erzieherische Maßnahmen zu Problemverhalten werden können

  • Hinterherjagen, wenn ein Beutetier (Hase, Reh, …) in Sichtweite losrennt.
  • Rennenden Hunden nachzulaufen.
  • Impuls hinterherzurennen, wenn ein Jogger, Radfahrer oder ähnliches vorbeikommt.
  • Impuls, Autos hinterherzujagen.
  • Spielenden und rennenden Kindern hinterherzulaufen.
  • Beim Anstarren von bewegten Objekten oder Lebewesen nicht mehr auf den Halter reagieren zu können (der Hund ist quasi “im Tunnel”).
  • Bewegte Objekte oder sich bewegende Lebewesen stoppen oder ausbremsen wollen (zur Not auch mit Hilfe der Zähne).

Das alles sind ganz normale Verhaltensweisen eines Hütehundes. Der Hund muss erst lernen, dass er diese tief verankerten Instinkte in unserem von Menschen geprägten Alltag nicht nutzen (oder nur kontrolliert einsetzen) darf. Einige Border Collies sind sehr gemäßigt und lernen das sofort, ohne großes Training. Andere tun sich damit schwerer und neigen stark zum oben beschriebenen Verhalten.

Trainingstipps gegen Jagdverhalten, “Hüten” und Hinterherhetzen

Mit einigen Übungen lässt sich der Impuls, jeder Bewegung sofort nachzusetzen, gut verhindern, abbrechen oder umleiten:

  • Keine Erfolge zulassen. Der Hund sollte bestenfalls gar nicht erst lernen, wie gut sich der “Kick” anfühlt, dem Hetz-, Hüte- bzw. Jagdtrieb zu folgen. Maßnahme: Leine (oder Schleppleine) nutzen, bis der Border Collie zuverlässig hört.
  • Stoppsignal oder Abbruchsignal. Ein Abbruchsignal (“Nein”) lässt den Hund die Aktion, die er gerade tut oder tun will, abbrechen. Ein Stoppsignal (“Stopp”, “Halt”, “Sitz”, “Platz”) lässt den Hund sofort stehenbleiben (oder aus der Bewegung heraus ins Sitz oder Platz gehen). Das ist für den Hund oft einfacher umzusetzen, als ein Rückruf.
  • Rückruf durchdacht aufbauen. Trainiert man von Anfang an einen perfekt sitzenden Abruf, lässt sich der Hund (einen guten Trainingsaufbau vorausgesetzt) später sogar dann abrufen, wenn er bereits zum Nachlaufen / Jagen angesetzt hat. Unerfahrenere Halter können sich hierzu einen Trainer zu Hilfe nehmen.
  • Impulskontrolle üben. Nach und nach lässt sich die Impulskontrolle so weit steigern, dass ein Border Collie einem fliegenden Dummy, Futterbeutel oder Ball erst auf Kommando nachläuft. Oder dass man ihn auf halbem Weg dorthin wieder zurückrufen kann. Das hilft auch enorm, die Reaktion des Hundes auf Bewegungsreize bei Spaziergängen abzumildern. Das typische Bällchenwerfen (häufiges Werfen und Apportieren mit hoher Frequenz) hingegen, bewirkt das Gegenteil und sollte besser durch ruhigere, konzentriertere Spiele ersetzt werden.

Intelligenz und Arbeitswillen nutzen: Als Blitzmerker und Intelligenzbestie braucht der Border Collie für ein solches Training oft nicht allzuviel Zeit. Ist man konsequent genug und sorgt für Belohnungen und Spaß beim Training, verhindert man nicht nur Problemverhalten, sondern sorgt auch für eine gute Bindung und ein Gemeinschaftsgefühl zwischen Hund und Halter.

Quellen

  1. VDH. Rassebeschreibung Border Collie (Link zur Webseite)
  2. Udo Gansloßer, Sophie Strodtbeck. Rassentypische Verhaltens- und Hormonprobleme beim britischen Hütehund. Schweizer Hunde Magazin 9/12. (Link zum Artikel)
  3. Silke Meermann. Untersuchung von Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden der Rassen Border Collie und Australian Shepherd in Deutschland (Dissertation). Tierärztliche Hochschule Hannover 2009. (Link zur Dissertation)

Bildquellen

Illustrationen: Stefan Große Halbuer

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Border collie dog © Depositphotos.com/Ksuksann

Young border collie dog © Depositphotos.com/Ksuksann