Rottweiler: Training und Erziehung

Aktualisiert am: 05.03.2024

Rottweiler sind ausgeglichene, selbstsichere und ruhige Hunde mit einem stabilen Nervenkostüm. Während die Genetik hierfür die Basis legt, sorgen Training und Erziehung dafür, dass der Rottweiler diese Eigenschaften voll entfalten kann. Grundlegende Informationen finden Hundebesitzer auch im Artikel über Lernverhalten, Training und Erziehung von Hunden. Allerdings gibt es beim Rottweiler einige Besonderheiten zu beachten. Denn der Rottweiler ist ein durchsetzungsstarker und selbstbewusster Hund von großer körperlicher und mentaler Stärke. Deshalb benötigt er eine besonders konsequente und klare, aber zugleich auch ruhige und freundschaftliche Erziehung. Hier erfahren Rotti-Fans oder zukünftige Rottweiler-Halter alles über das Training und die Erziehung des Rottweilers.

Gute Sozialisation ist beim Rottweiler sehr wichtig

Der Rottweiler ist nicht unbedingt “everybody’s darling”. Er kann (und soll) territorial sein, bewachen und schützen. Das bedeutet, dass er in seiner Rasseentwicklung nie speziell darauf gezüchtet wurde, besonders verträglich und freundlich zu fremden Menschen und Hunden zu sein. Die meisten Rottis sind es dennoch, wenn auch auf andere Art als es zum Beispiel bei den als überfreundlich bekannten Retrievern (Labrador oder Golden Retriever) der Fall ist.

Damit der Rottweiler gelassen auf Erwachsene, Kinder und Hunde reagiert, ist eine gute Sozialisation besonders wichtig. Wir empfehlen Welpenbesitzern dazu den Artikel über die Erziehung und Sozialisation von Welpen zu lesen. Möchte man mit dem Rottweiler eine Welpen- oder Junghundgruppe besuchen, sollte man hier ganz besonders darauf achten, dass sie gut geführt ist und dass die Trainerin oder der Trainer am besten auch Erfahrung mit Gebrauchshunderassen hat. In reinen Spiel- und Spaßgruppen ohne Anleitung kann der Rotti sonst schnell lernen, seine Kraft und Ausstrahlung zum Unterdrücken kleinerer oder schwächerer Hunde einzusetzen.

Wach- und Schutzverhalten beim Rottweiler erkennen und in gewünschte Bahnen lenken

Zur Bedeutung und Herkunft von Wach- und Schutztrieb gibt es unter Wesen, Charakter und Eigenschaften des Rottweilers und der Geschichte des Rottweilers viele hilfreiche Informationen.  Doch wie geht man mit dem Wachtrieb und Schutztrieb im Alltag richtig um?Wissenschaftler würden hier zunächst wohl einwerfen, dass der Begriff “Trieb” heute in diesem Zusammenhang nicht mehr verwendet wird. Die als veraltet geltende Triebtheorie besagte, dass ein Hund angeborene Triebe hat, die kaum oder nur schwer zu kontrollieren sind und als Motivation für Verhaltensweisen dienen.1 Heute weiß man, dass die Zusammenhänge viel komplexer sind. Gene, Hormone, neuronale Signale, erlerntes Verhalten und Erziehung spielen hier eng zusammen. Deshalb spricht man genau genommen heute nicht mehr von Wachtrieb oder Schutztrieb, sondern von Wachverhalten oder Schutzverhalten.

Schutztrieb (Schutzverhalten) und Aggressionsverhalten beim Rottweiler

Von Schutzverhalten spricht man immer dann, wenn ein Hund einem Rudelmitglied schützend beisteht. Das Verhalten kann also den Besitzer, Familienmitglieder oder auch andere Hunde (innerhalb der eigenen Familie oder Hundekumpels, die der Rotti gut kennt) betreffen. Erfolgt ein Angriff oder ein aus Hundesicht bedrohliches Verhalten, schaltet der Rottweiler blitzschnell in Verteidigungsbereitschaft um.Generell haben Hunde vier Möglichkeiten, auf Bedrohungen zu reagieren. Man spricht hier auch von den “vier F”, da die Begriffe im Englischen alle mit F beginnen.

  • Fight: Kampf, der Hund verteidigt sich oder andere durch Knurren, Drohen, Bellen oder durch Einsatz seiner Zähne.
  • Flight: Der Hund flüchtet vor der Bedrohung.
  • Freeze: Der Hund “friert ein”, wird also regungslos. Dazu gehören Verhaltensweisen wie hinlegen oder anstarren.
  • Flirt oder auch Fiddlen: Der Hund zeigt ein aufgeregtes, welpenhaftes Verhalten mit Spielaufforderungen und Übersprungsverhalten.

Der Rottweiler reagiert rassetypisch am ehesten mit der ersten Möglichkeit und stellt sich dem Kampf. Das ist im Falle einer echten Bedrohung manchmal erwünscht, doch kann selbst hier zu Problemen führen. Noch schlechter sieht es aus, wenn der Hund eine Situation als Bedrohung einordnet, die gar keine ist. Deshalb ist der richtige Umgang mit Schutzverhalten wichtig, damit keine Konfliktsituationen entstehen.

Beispiele für Schutzverhalten:

  • Anbellen, Anknurren oder Fixieren von fremden Menschen
  • Wegdrängen oder Anknurren von anderen Hunden, die ihrem Besitzer zu nah kommen
  • Der Hund drängt sich zwischen seinen Besitzer und Besucher oder Menschen, die dem Besitzer die Hand geben wollen
  • Abdrängen, Knurren oder schlimmstenfalls Stellen oder Schnappen, wenn fremde Kinder mit den eigenen Kindern Fangen spielen oder sich balgen
  • Anbellen, Anknurren, Fixieren oder Stellen von Menschen, die plötzlich auftauchen (zum Beispiel aus Seitenwegen oder hinter einer Ecke hervor)
  • Erhöhte Aufmerksamkeit und Körperspannung, wenn Fremde in Sicht- und Hörweite kommen
  • Versteifung des Körpers oder Aufstellen des Nackenfells, sobald Fremde sich nähern
  • Aggressive Reaktion, wenn jemand dem Besitzer etwas zuruft, in seine Richtung rennt, auffällig winkt, etwas in der Hand schwenkt oder große Gegenstände trägt
  • Alle genannten Punkte verstärken sich oft bei Dunkelheit, da die Alarmbereitschaft bei Hunden dann generell höher ist

Man sieht also, dass hier erwünschtes, harmloses und nicht-tolerierbares Verhalten dabei ist. Dem Hund vorzugeben, was erwünscht ist und was nicht, wird maßgeblich durch die Erziehung beeinflusst. Was man aber auch nicht vergessen sollte: Auch die Zuchtlinie gibt einen Rahmen vor, in dem sich das Verhalten bewegt. Hunde vom eingetragenen Züchter zeigen seltener aggressives Verhalten, berichtet eine Studie.2 Dabei befragten Wissenschaftler aus Wageningen 822 Rottweilerbesitzer. 395 Hunde hatten FCI-Papiere und somit Eltern, die einen Wesenstest bestanden hatten. Die restlichen 427 stammten nicht aus eingetragenen Zuchtstätten, vom Züchter wurde kein Wesenstest gemacht.  Diese Hunde zeigten doppelt so oft Aggressionen oder übermäßige Ängstlichkeit wie die Nachkommen der Hunde mit Wesenstest. Die beste Vorsorge für ein entspanntes Zusammenleben bildet also die Auswahl des passenden Züchters, der seine Zuchthunde sorgfältig auswählt.

So geht man mit Schutzverhalten um:

Training und Erziehung beim Rottweiler beinhaltet immer auch einen umsichtigen Umgang mit dem Schutzverhalten. Hierbei ist jeder Rotti anders. Bei einigen Hunden muss man hier sehr umsichtig führen, um andere Menschen jederzeit zu schützen. Bei anderen Rottweilern ist nur wenig oder gar kein Eingreifen nötig.

  • Selbstsicherheit des Besitzers: Hat der Rottweiler das Gefühl, sein Besitzer hat alles im Griff, dann neigt er auch weniger zum Beschützen. Reagieren Menschen jedoch unsicher, sind inkonsequent, ängstlich oder überlassen dem Hund in kritischen Situationen die Entscheidung, dann bewirkt das beim Rottweiler oft ein verstärktes Auftreten von Schutzverhalten. Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es auch unter Für wen eignet sich ein Rottweiler?”.
  • Gehorsam: Training am Grundgehorsam ist auch wichtig, wenn es um den Schutztrieb geht. Mehr dazu weiter unten beim Punkt “Gehorsamkeit”.
  • Schutzverhalten unterbinden, wenn es Grenzen überschreitet: Um zu lernen, was angemessen ist, braucht der Rottweiler Führung und Anleitung. Dazu gehört auch, dass unerwünschtes Schutzverhalten sofort souverän abgebrochen wird. So lernt der Hund, dass er solche Dinge nicht selbst regeln muss und darf. Das gilt vor allem (aber nicht nur) beim jüngeren Hund, bei dem sich das Verhalten gerade ausbildet und festigt.

Wachverhalten und Territorialverhalten beim Rottweiler

Wer keinen wachsamen Hund haben möchte, wird sich kaum einen Rottweiler holen. Rottweiler sind von Natur aus wachsam. Dabei spielt auch territoriales Verhalten eine Rolle. Der Hund zeigt an, wenn rudelfremde Personen oder Tiere sein Territorium betreten wollen. Das Melden von Fremden oder von ungewöhnlichen Geräuschen ist deshalb in den meisten Fällen durchaus erwünscht und dient schließlich auch dem Schutz der Besitzer.

Zudem ist der Rottweiler in aller Regel kein Kläffer. Das Melden beschränkt sich oft nur auf ein Grummeln, Knurren oder ein dumpfes Wuffen. Nur im Ausnahmefall und wenn der Hund etwas sehr beunruhigend findet, erfolgt längeres, lautes Bellen. Schwieriger wird es bei Rottweilern, die ein ausgeprägtes Wachverhalten zeigen. Mit dem Erwachsenwerden kann dann zum Melden auch hinzukommen, dass der Hund die Situation lösen möchte. Zum Beispiel indem er den „Eindringling” (der auch ein vom Besitzer erwünschter Besucher sein kann) vertreibt oder stellt.

So geht man mit stärkerem Wachtrieb um:

Hier hilft oft eine Mischung aus zwei Ansätzen: Zum einen sollte man den Hund zeigen, dass man seine Meldung registriert und ernstgenommen hat. Beim Welpen kann man das tun, indem man ein Kommando wie “alles in Ordnung” einführt, das dem Hund zeigt, dass man seine Warnung registriert hat und sich selbst darum kümmert. Zum anderen sollte man aber alles abbrechen, was über kurzes Melden hinausgeht. Neigt der Hund dazu, am Gartenzaun Passanten oder Hunde massiv anzubellen, sollte er bis zum Abschluss eines gut aufgebauten Trainings nicht alleine im Garten sein. Sonst kann sich das Verhalten festigen. Reagiert der Hund stark auf Geräusche im Hausflur oder vor dem Haus, kann ein Liegeplatz helfen, der weiter weg von der Geräuschquelle gelegen ist.

Gehorsamkeit, Konsequenz und Führung

Im Prinzip kann man einen Rottweiler genauso erziehen wie jeden anderen Hund auch. Oder zumindest, genauso wie jeden anderen selbstbewussten Gebrauchshund. Wer allerdings diesen Typus Hund noch nicht gut kennt, der sollte ganz besonders auf Gehorsam und Konsequenz achten. Das schafft die Basis für ein entspanntes, gelassenes und friedliches Zusammenleben.

Gehorsamkeit: Basis-Training

Der Rottweiler ist groß, kräftig und hat möglicherweise (je nach Hund) einiges an Schutztrieb. Zudem flößt er anderen Menschen aufgrund seines Aussehens Respekt ein. Umso wichtiger ist es, dass kritische Situationen gar nicht erst entstehen. Denn wo ein kleiner Wuschelhund milde belächelt wird, wird bei einem Rottweiler möglicherweise gleich eine Anzeige gemacht. Das ist zwar traurig, aber manchmal leider Realität. Deshalb ist der Gehorsam das A und O.

Der Gehorsam lässt sich aber beim Rottweiler relativ einfach umsetzen. Denn oft machen Obedience sowie Alltagsübungen zum Gehorsam Hund und Herrchen sehr viel Spaß. Mit dem Rottweiler lässt sich über Lob, Leckerli und den Beutetrieb gut arbeiten. Er ist leichtführig, macht gerne alles mit und lechzt oft geradezu nach Beschäftigung. Ein guter Hundeverein ist bei Unklarheiten hier ein wichtiger Ansprechpartner, vor allem für Hundeanfänger.

Wer seinen Hund jederzeit abrufen und ein Verhalten mit einem “Nein” sofort beenden kann, der kann kritische Situationen leichter unterbrechen. Eine Bei-Fuß-Signal hilft dabei, dass der Hund entspannt an Fremden oder anderen Hunden vorbeiläuft. Ein Alternativverhalten wie Sitz oder Platz kann ebenfalls dazu dienen, den Hund aus seiner Beschützerrolle herauszunehmen. Zum Beispiel indem er Platz macht und auf seiner Decke liegenbleibt, während seine Familie Besucher begrüßt. Oder indem man seinen Rottweiler so absitzen lässt, dass sein Blick nicht mehr auf den “unheimlichen” Fremden gerichtet ist und somit ein Fixieren unmöglich wird.

Konsequenz und Führung: Dem Hund Entscheidungen abnehmen

Rottweiler sind mental sehr starke Hunde. Sie beobachten genau und bemerken Unsicherheiten sofort. Sie sind selbstbewusst und treffen selber Entscheidungen, wenn ihr Besitzer es nicht für sie tut. Darum sollte es selbstverständlich sein und ist am fairsten für den Hund, wenn ganz klare Regeln gelten. Kann der Hund sich auf diese konsequenten Regelungen immer verlassen, kann er sich viel freier und entspannter in unserer Welt bewegen.

Rottweiler nehmen eine umsichtige Führung auch sichtlich dankbar an und arbeiten sehr gerne mit ihrem Menschen zusammen. Zu klaren Regeln gehört vor allem auch, dass der Besitzer weiß, was er vom Hund will – und nicht nur, was er nicht von ihm will. Das Trainieren und Belohnen von erwünschtem Verhalten sollte immer den Hauptteil der Erziehung ausmachen. Strafen und Strenge haben nichts mit Konsequenz zu tun. Der Abbruch eines Verhaltens kann oft auch rein körpersprachlich, über ein vorher geübtes “Nein”-Signal oder über ein Alternativverhalten durchgesetzt werden.

Vertrauen und Bindung beim Rottweiler aufbauen

Bindung und Vertrauen sind die Basis für das jahrelange, freundschaftliche Zusammenleben mit dem Hund. Der Rottweiler ist eine Rasse, die eine sehr enge Beziehung zu seinen Besitzern eingeht. Vertrauen und Bindung wachsen durch verschiedene Situationen, die man gemeinsam meistert. Dazu gehört beim Rottweiler vor allem:

  • Spiel und Spaß: Gemeinsames Spielen und Balgen, am besten auch einmal ohne Spielzeug, fördert das Vertrauen immens und hilft, gegenseitige Grenzen auszuloten.
  • Spaziergänge: Gassigehen ist für Rottweiler essenziell. Das Erkunden neuer Orte, gemütliches nebeneinander her Schlendern, körperliches Auspowern und geistiger Input fördern ganz nebenher auch die Bindung zwischen Hund und Besitzer.
  • Fürsorge: Die Fürsorge durch die richtige Pflege, nicht zu viel und nicht zu wenig Futter sowie medizinische Versorgung mag selbstverständlich klingen. Doch auch darüber entsteht Vertrauen.
  • Körpernähe und Kontakt: Viele Rottweiler lieben Kontaktliegen und Kraulen über alles. Wer den Hund (verständlich, bei Rottweiler-Größe) nicht auf dem Sofa oder im Bett haben möchte, sollte auf andere Weise dem Hund regelmäßig Körperkontakt anbieten. Das ist die natürliche Art, über die Hunde eine soziale Bindung festigen.
  • Hundesport oder “Arbeit”: Je nach Zuchtlinie sind manche Rottweiler nur mit einer echten Aufgabe glücklich. Zudem sorgt gemeinsamer Hundesport für ein einzigartiges Zusammengehörigkeitsgefühl bei Hund und Halter. Mehr dazu im Artikel über die geeigneten Beschäftigungsmöglichkeiten beim Rottweiler
  • Erziehung: Auch die tägliche Erziehung, das Alltagstraining und die vielen kleinen Übungseinheiten stärken die Bindung und helfen dabei, zu erleben, wie der andere “tickt” und wie man miteinander durch den Alltag geht.

Sorgt man für die richtige Erziehung, konsequente Regeln, freundliche Führung und Vertrauen hat man mit dem Rottweiler einen Traumhund an seiner Seite: mutig, stark und unerschrocken, zugleich aber auch gelassen und ein echter Fels in der Brandung.

Quellen

  1. Thomas Riepe: “Die Sache mit den triebigen Hunden…”. Klartext Hund, 02.06.2016.
  2. Van der Borg JAM, et al. Behavioural testing based breeding policy reduces the prevalence of fear and aggression related behaviour in Rottweilers. Applied Animal Behaviour Science 195:80-86.

Bildquellen

Illustrationen: Stefan Große Halbuer Child and rottweiler © Depositphotos.com/cynoclub Rottweiler © Depositphotos.com/tompic Beautiful woman petting a dog. View from above © Depositphotos.com/Himchenko